Humboldt-Universität zu Berlin - Geschlecht als Wissenskategorie

Dr. Ulrike Klöppel

Postdoc-Projekt:

Geschlechtswechsel im Sozialismus: Transsexualität in der DDR

 

 

Kurzbeschreibung des Projekts

 

1976 wurde die »Verfügung zur Geschlechtsumwandlung von Transsexualisten« erlassen. Damit beschritt die DDR vergleichsweise früh den Weg einer behördlichen Regulierung des Geschlechtswechsels. Wie kam die Verfügung zustande ? Das Forschungsprojekt konzentriert sich auf den Zeitraum 1960 bis 1980, der von Einzelfallgenehmigungen bis zur Etablierung eines formalen Verfahrens reicht. Ausführliche Schriftwechsel zwischen Transsexuellen, Behörden und Ärzt_innen geben Einblick in eine Mikropolitik der Affekte, die eine Dramaturgie der Emotionen mit einer Rhetorik des ›engagierten sozialistischen Bürgers‹ kombinierte. Die Untersuchung fördert eine biopolitische Regulierung (Michel Foucault) zutage, die den Geschlechtswechsel mit dem Ziel einer besseren sozialen Anpassung und dadurch optimierten Leistungsfähigkeit transsexueller Bürger_innen erlaubte. Transsexuelle wurden in der DDR, so die These, in das gouvernementale Projekt des »besseren deutschen Staates« integriert statt gesellschaftlich ausgegrenzt.

                                                      

Angaben zur Person

 

Studium der Psychologie an der Freien Universität Berlin. 2008 Promotion im Fach Soziologie an der Universität Potsdam. 2006-11 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Medizin der Charité Berlin in zwei DFG-Forschungsgruppen (»Industrialisierung experimentellen Wissens« und »Psychochemicals crossing the wall. Die Einführung der Psychopharmaka in der DDR, 1952 – 1989«). 2011-13 Postdoktorandin im Graduiertenkolleg »Geschlecht als Wissenskategorie« der HU. SoSe 2014 Gastdozentin im DFG-Graduiertenkolleg „Dynamiken von Raum und Geschlecht“ an der Georg-August-Universität Göttingen. 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „‚Aids-Krise‘ und Selbstregulierung: Die Formierung der Aids-Bewegung in den 1980er und 1990er Jahren in Deutschland“ am Institut für Europäische Ethnologie der HU. Seit September 2016 ebendort wissenschaftliche Mitarbeiterin im europäischen Verbundprojekt „Disentangling European HIV/AIDS Policies: Activism, Citizenship and Health: EUROPACH“, gefördert durch Humanities in the European Research Area, HERA.

   

Ausgewählte Publikationen

 

Zur Aktualität kosmetischer Operationen „uneindeutiger“ Genitalien im Kindesalter. Bulletin – Texte 42 (2016).

Aids-Krise in Deutschland revisited: zwischen Bio- und Affektpolitik. In: GENDER, Sonderheft 3: „Bewegung/en“ (2016). S. 75-87.

I is for Impasse. Affektive Queerverbindungen in Theorie_Aktivismus_Kunst. Hg. v. Käthe Bose, Ulrike Klöppel, Katrin Köppert, Karin Michalski, Patricia Treusch, Berlin 2015.

Intersex im Nationalsozialismus: ein Überblick über den Forschungsbedarf. In: Homosexuelle im Nationalsozialismus. Neue Forschungsperspektiven zu Lebenssituationen von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen 1933 bis 1945, hg. v. Institut für Zeitgeschichte, Michael Schwartz, München 2014. S. 107-114.

mit Matthias Hoheisel: »Wunschverordnung« oder objektiver »Bevölkerungsbedarf«? Zur Wahrnehmung des Tranquilizer-Konsumenten in der DDR (1960 – 1980). In: NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 21/3 (2013). S. 213-244.

»Leben machen« am Rande der Zwei-Geschlechter-Norm. Biopolitische Regulierung von Inter*. In: Biopolitik und Geschlecht, hg. v. Eva Sänger u. Malaika Rödel, Münster 2012. S. 220 – 243.

Die »Verfügung zur Geschlechtsumwandlung von Transsexualisten« im Spiegel der Sexualpolitik der DDR. In: trans*_homo. differenzen, allianzen, widersprüche. differences, alliances, contradictions, hg. v. Justin Time u. Jannik Franzen, Berlin 2012. S. 167 – 172.

XX0XY ungelöst. Hermaphroditismus, Sex und Gender in der deutschen Medizin. Eine historische Studie zur Intersexualität, Bielefeld 2010.

   

Homepage und Kontakt

https://www.euroethno.hu-berlin.de/de/institut/personen/kloeppel